Eine Gegenabmahnung, die mit dem Ziel ausgesprochen wird, den Erstabmahner zum Verzicht auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu bewegen, wenn im Gegenzug auf den Unterlassungsanspruch der Gegenabmahnung verzichtet wird, ist rechtsmissbräuchlich.
Das hat das Landgericht Bochum am 27.05.2014 entschieden.
Folgendes war geschehen: Unsere Mandantin hatte zunächst einen Wettbewerber mit einer Abmahnung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Dieser sprach - vertretenen durch Rechtsanwalt Andreas Gerstel aus Greven, der sich damit rühmt, aus der Erfahrung von mehr als 10.000 Abmahnungen "die Fallstricke, Tricks und die Denkweise von Abmahnern genau" zu kennen - eine Gegenabmahnung aus und bot zugleich an, die wechselseitigen Ansprüche jeweils auf sich beruhen zu lassen.
Das kam für unsere Mandantin aus drei Gründen nicht in Betracht: 1. Einerseits bot der Vergleichsvorschlag des Kollegen keine Gewähr dafür, dass die Gegenseite sich zukünftig rechtstreu verhält. Wir haben daher eine einstweilige Verfügung erwirkt.
2. Andererseits war die Gegen-Abmahnung offensichtlich in großer Hektik gefertigt worden; das konkrete Angebot unserer Mandantin enthielt tatsächlich keine Rechtsverletzung.
3. Zu guter letzt war die Gegenabmahnung aber evident rechtsmissbräuchlich, weil sie ganz offenkundig nur dazu dienen sollte, eine Gegenposition aufzubauen, um unsere Mandantin zum Verzicht auf den Unterlassungsanspruch und zum Verzicht auf Kostenerstattungsansprüche zu bewegen.
Wir haben unserer Mandantin geraten, unverzüglich negative Feststellungsklage zu erheben. Zu Recht, wie das Landgericht Bochum (übrigens in rekordverdächtig schnellem Verfahren) festgestellt hat:
Der aus der Bearbeitung von mehr als 10.000 Abmahnungen erfahrene Kollege Gerstel hatte selbst auch eine einstweilige Verfügung bei dem Landgericht Bochum beantragt, dies allerdings, ohne sein Vergleichsangebot im Verfügungsverfahren zu offenbaren. Die einstweilige Verfügung wurde daher zunächst erlassen; noch bevor das Landgericht Termin zur Verhandlung über den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung bestimmt hatte, fand schon die mündliche Verhandlung in der negativen Feststellungsklage statt; der Kollege hat den Verfügungsantrag dann auch nach Zustellung des Urteils zurückgenommen.
Fazit: Seine Partei hatte - trotz der Erfahrung aus 10.000 Abmahnungen - die Kosten von zwei gerichtlichen Verfahren zu tragen. Das hatte sie sich sicher anders vorgestellt.....
mö, 13.10.2014